Heimatverein Neuhausen ob Eck e.V.

Altes bewahren - Neues dokumentieren

                    

                                        Der Dorfkaufmann Carl Albert Lang


Auf 1. Juni 1884 gründete der damals 25-jährige Kaufmann Carl Albert Lang in seinem Heimatdorf Neuhausen ob Eck eine Gemischtwarenhandlung. Der Umstand, dass er ein Bauern- und Bierbrauersohn aus Neuhausen war, mag ihn bewogen haben, dass er nach gründlicher Erlernung des Kaufmannsberufes - ausgestattet mit vorzüglichen Zeugnissen damaliger Handelshäuser – in diese bescheidenen aber soliden Verhältnisse des Dorfes zurückkehrte. Er ließ seine Handlung in das Handelsregister eintragen. Ein Jahr darauf verheiratete er sich mit Marie Wilhelmine geb. Kaufmann, die einer angesehenen Tuttlinger Handwerkerfamilie entstammte. Seine im Jahr 1827 geborene Mutter, Anna Maria, geb. Hilzinger, war eine Gerberstochter aus Tuttlingen gewesen.
Der Entschluss des jungen Mannes, sich in seinem Heimatdorf – wo man doch bislang nur etwas von Krämern, d.h. in der Handlung unvorgebildeten Leuten wusste – niederzulassen, erschien manchem Neuhauser geradezu unbegreiflich. Ein alter Nachbar meinte, dass man ihn längstens in einem Jahr verganten (=Zwangsversteigert) werde.
Von den vielen Artikeln, die in den 80er Jahren geführt wurden, seien wenigstens einige erwähnt, die – weil längst aus dem Handel verschwunden – bald nur noch kulturhistorisches Interesse beanspruchen können.
Neben Kaffee, Zichorie, Honig, Rindschmalz, Schweinefett thronte der stolze, in schmuckes helles Blau gehüllte Zuckerhut, von den Kaufleuten als "Brod"-Zucker bezeichnet. Feinkörniger Zucker war nicht zur Hand. Solcher wurde auf Wunsch in einem Mörser gestoßen. Salz wurde waggonweise von Wilhelmshall bezogen. Als Sicherheit war eine Kaution in Form eines Wertpapieres zu stellen. – Außer Rauchtabak und Zigarren waren viel begehrt die Karotten (mit Bindfaden umwickelte Tabakstangen), die pfundweise verkauft und von den Kunden zu Schnupftabak verrieben wurden. Auch einzelne Bauersfrauen schnupften damals noch gerne. Ältere Kunden erhielten zur Stärkung ein Gläschen Schnaps, wenn sie einkauften.
Die Manufakturwaren wurden im Frühjahr bestellt und trafen im Laufe des Sommers als "Ballot" ein. Von den feilgehaltenen Manufakturwaren, auch Ellenwaren genannt (weil sich das seit 1875 eingeführte Metermaß noch nicht eingebürgert hatte), seien erwähnt: baumwollener Hemdenflanell (1. Elle zu 38 Pf.), der Kölsch (rotkarierte oder weiß und blau gestreifte Leinwand), der Zitz (bedruckter Kattun); Kanevas (Gittergewebe aus Baumwolle), Kasinet (aus franz. Cachenez, ursprünglich Stoff zu großen Halstüchern, Halbkasinet, Biber (dicker, weicher Wollstoff für Frauenröcke), Tibet (feines Wollgespinst aus dem Haar der Kaschmirziege in Tibet), Cretonne (starkes, weißes Hanfleinen, ursprünglich aus der Normandie). Manch unverwüstliches Wäschestück, das aus jener Zeit stammt, hat die Jahrzehnte überdauert und nimmt in Neuhauser Kästen heute noch einen Ehrenplatz ein.
Der Manchester (für Männer) sowie daraus gefertigte Joppen und Hosen durften auch nicht fehlen. Die Weber wurden mit Webgarn, die Schuhmacher mit Drahtgarn und Holznägeln, die Schreiner mit Kölner Leim und Möbelbeschlägen, die Maler mit Leinöl und Farben versorgt. Die von den Neuhausern täglich benötigten Eisenwaren waren natürlich ebenfalls im Geschäft erhältlich. – Noch über 3 Jahrzehnte vergingen, ehe das Dorf elektrisches Licht bekam (1915): Erdöl, Zylinder, Docht als Meterware, Talglichter für Wöchnerinnen und Kranke wurden täglich benötigt. Die leidenschaftlichen Tabakraucher hatten sich noch nicht recht an die neu aufgekommenen Schwefelhölzchen gewöhnt. Sie wollten Zunder und Feuerstein zum Anzünden der Pfeife haben. – Aus dem Angeführten ergibt sich das Bild eines Kaufhauses im Kleinen, wo von der Nähnadel bis zum Kreuzpickel alle Bedarfsartikel des ländlichen Lebenskreises zum Verkauf bereitgestellt waren.